Qualitative Literatur- und Medien-Interaktionsforschung

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Ressourcen der Psychologie

Angesichts der häufig unsachgemäßen Vorbehalte, die über die Jahrzehnte hinweg an den Anwendungen von psychologischen Konzepten, insbesondere der Psychoanalyse, auf kulturelle Gegenstände geübt wurde, erinnert Peter von Matt bereits in den 70er Jahren nachdrücklich an den unbestreitbaren Sachverhalt, dass, wer literarische Texte verstehen und interpretieren möchte, "wohl oder übel Psychologie irgendwelcher Art betreiben" muss und auf "psychologische Termini" durchaus nicht verzichten kann, will er nicht die psychische Verfasstheit des Menschen überhaupt in Abrede stellen. Davon unberührt bleibt freilich, dass manche der psychoanalytischen Anwendungen in der Tat unzureichend oder sogar ausgesprochen kritikwürdig verfuhren. [Das Trauma muss dem Gedächtnis unverfügbar bleiben (2008q)]

Dass der Verzicht auf psychologische Perspektiven und Ressourcen nichtsdestoweniger nach wie vor nicht nur hingenommen, sondern vielfach auch entschieden eingefordert wird – während gleichzeitig viele Literaturinterpretationen uneingestandenermaßen auf alltagspsychologischen Grundannahmen aufruhen –, hat der interdisziplinären Anschlussfähigkeit der geisteswissenschaftlichen Fächer keinen guten Dienst erbracht.

Jegliche handlungstheoretisch orientierte Medienkulturforschung hingegen wird immer dann systematisch und sachorientiert psychologische Erkenntnisfelder aufsuchen, wenn kulturelle Phänomene mit den herkömmlichen Mitteln der Textinterpretation nicht weiter zu erschließen sind, jedoch wesentliche Fragen an "das Werk" und den ihm impliziten "Dialog" unbeantwortet bleiben. Gleichzeitig wird sich eine psychologisch versierte "Literatur- und Medien-Interaktionsforschung" immer davor hüten, bloße (psychoanalytische) Theorieaffirmation zu betreiben oder sich sachferner wissenschaftspolitischer oder begriffskonjunktureller Geltungsansprüche anzunehmen.

Mag man doch bereits dem Fremdwörterbuch des Duden den Hinweis entnehmen, dass die "Humanwissenschaften, die sich mit dem Menschen beschäftigen, z.B. Anthropologie, Soziologie, Psychologie" als zum "Bereich der Geisteswissenschaften gehörende" Disziplinen zu begreifen sind. Dies aber bildet sich in den universitären Fachbereichsstrukturen noch nicht hinreichend deutlich ab.

Insbesondere aber sind es die vielfachen emotionalen sowie assoziations- und beziehungslogischen Valenzen des "Werkes" bzw. des "Dialogs" mit ihm – freilich auch der "Dialoge" und figuralen Interaktionen innerhalb der dargestellten Welt –, die die Berücksichtigung von psychologischen Erkenntnisbereichen angezeigt erscheinen lassen. Dabei wird man – gerade wegen der emotionalen Gehalte – neben den in letzter Zeit manchmal auf metatheoretischer Ebene angeführten kognitionspsychologischen Konzepten (z.B. von Schema, Script und Frame) vor allem auch jene jüngeren Forschungsbereiche der klinischen Psychotraumatologie, der neueren interaktionalen Tiefen- und Entwicklungspsychologie und der qualitativen Psychotherapie-Forschung einbeziehen, die es erlauben, auch die psycho-affektive und bewusstseinsferne Dimension von ästhetischem Selbstausdruck und medialer Interaktion systematisch in den Blick zu nehmen.

 
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